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Die Kunstausstellung "Stadtbilder, Spätsommer, Randlagen" mit Fotografien von Ulrich Wüst ist derzeit in der C/O Berlin Foundation (Amerika Haus) zu sehen. Erstmals in Berlin präsentiert C/O Berlin 80 zum Teil nie ausgestellte Fotografien und Original-Leporellos aus den drei Serien "Stadtbilder", "Spätsommer" und "Randlagen" des Künstlers. Mit der Kunstausstellung von Ulrich Wüst stellt C/O Berlin nach Roger Melis, Gundula Schulze-Eldowy oder Sibylle Bergemann einen weiteren aus der DDR stammenden Fotografen vor, der einen wichtigen Beitrag zur deutschen Fotografie bis heute leistet.
Eine Frau und zwei Männer in langen Mänteln und kurzen Lederjacken schauen auf das offene Meer. Die langen Hosen hochgekrempelt, nackte Füße im Wasser, in den Händen Taschen und Koffer. Wie kommt das Trio an diesen Ort? Auf wen warten die drei Personen? Sind sie auf Reisen oder auf der Flucht? Diese erratische Szene ist exemplarisch für die Serie "Spätsommer" von Ulrich Wüst mit Fotografien aus der DDR zur Wendezeit. Hier trifft unmittelbare Privatheit auf absolute Öffentlichkeit. Aus dieser leisen Kollision entstehen absurde Situationen ohne sichtbare Zusammenhänge, die durch ihre narrative Offenheit die Assoziationen des Betrachters herausfordern. Mit analytisch-puristischem Blick erzählt Ulrich Wüst in seinen schwarz-weißen Zyklen sein persönliches Erleben in Zeiten des Umbruchs und produziert zugleich visuelle Kommentare zu einem signifikanten Kapitel deutscher Geschichte. Ulrich Wüst ist ein kühler Beobachter seiner Zeit, der sich an gesellschaftlichen und politischen Gegensätzen reibt. Kleine Absurditäten des Alltags stehen in deutlichem Widerspruch zur kollektiven Betonung des öffentlichen Lebens als wichtigen Teil der sozialistischen Ideologie. Der Fotograf kompiliert in über längere Zeiträume entwickelten Bildserien die Abwesenheit einer Bürgergesellschaft in der DDR und erforscht so das kollektive Gefühl der Privatheit – bis hin zur inhaltlichen Leere und Sinnlosigkeit. Seine Aufnahmen von künstlerischen und politischen Ereignissen, von Freunden und Familie sowie von Gegenständen des alltäglichen Lebens formulieren ein persönliches aber zugleich übergreifendes Dokument von Zeitgeschichte. Ulrich Wüsts Fotografie folgt einem klaren Bildprinzip – visuell ausformuliert, in den Kompositionen bis ins Detail durchdacht und eindeutig architektonisch beeinflusst. Das Spezifische an seinen Bildern ist die Dialektik zwischen vermeintlicher Objektivität und subjektiv-subversiver Detailgenauigkeit. Die Fotografien – intim in Inhalt und Größe – ordnet Ulrich Wüst in handgefertigten Leporellos für eine persönliche Nutzung an. Diese ungewöhnliche Form der Präsentation bezieht sich auf die topografischen Ansichtsalben des 19. Jahrhundert. Als einer der wenigen Künstler, die an einer dezidiert fotografischen Identität der DDR arbeiteten, warf Ulrich Wüst mit seinen Arbeiten zwangsläufig auch Fragen nach der Kunstpraxis in einem autoritären Staat auf. In dem von staatlichen Organen stark kontrollierten Kunstbetrieb der DDR, in dem sich die Vielfalt öffentlicher Ausstellungen in engen Grenzen hielt, fand sich Ulrich Wüst in ständiger Bewegung zwischen offizieller und inoffizieller Kultur wieder. Grenzen, die immer wieder neu ausgelotet wurden und die, wie typisch für die Kunst, zu Ärger, Skandal und Verbot führten – in Abhängigkeit von den herrschenden, teils grotesken Regeln. Seine Arbeiten wurden bis zur Wiedervereinigung nur selten außerhalb der DDR gezeigt. Nachdem die künstlerische Produktion der DDR – dabei vor allem die der Fotografie- Szene – lange nur nach ihren eigenen Maßstäben bewertet wurde, wird sie heute in größere, auch internationale Zusammenhänge eingeordnet. So ist das umfangreiche Werk von Ulrich Wüst auch im Kontext von renommierten amerikanischen Fotografen wie Lewis Baltz, Ed Ruscha oder Stephen Shore zu lesen, die ebenfalls in einer Kunstausstellung in der Berliner C/O Foundation zu sehen sind.
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C/O Berlin Foundation (Amerika Haus)
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